Das Umsiedlungsgesetz

Das als "Umsiedlungsgesetz" bekannte, während des Krieges der türkischen Armee zur Verhinderung der Aufstände hinter der Front durchgeführte Maßnahme, ist eigentlich ein vorübergehendes Gesetz, das "Maßnahmen gegen Kreise umfasste, die während des Krieges sich gegen die Durchführungen der Regierung einsetzten." Das Gesetz wurde am 25. Mai 1915 verabschiedet.1 Es erschien am 1. Juni 1915 im amtlichen Blatt, - damals Takvim-i Vekayi genannt, und trat in Kraft.

Der 1. Artikel des Gesetzes befugte die Kommandanten der Armee, Armeekorps und der Divisionen zu Ergreifung von militärischen Sofortmaßnahmen und gegebenenfalls zur Vernichtung, der Reaktionäre, die sich gegen die Ausführung der Befehle der Regierung, gegen die Verteidigung des Landes und gegen die Wahrung der Ruhe einsetzten, bewaffnete Angriffe verübten oder Widerstand leisteten.

Mit einem am 10. Juni 1915 veröffentlichten Befehl wurde das Besitztum der umgesiedelten Armenier unter Schutz genommen. Es wurde die "Kommission für zurückgelassene Güter" gegründet, die aus einem Vorsitzenden sowie jeweils aus einem Finanz- und Verwaltungsbeamten bestand. Die Kommissionen registrierten detailliert das Besitztum der Armenier in den geräumten Dörfern und Ortschaften. Eine Kopie des Registers wurde in der regionalen Kirche und eine weitere Kopie an die Verwaltungsbehörde übergeben. Verderbliche Waren sowie Tiere wurden versteigert. Das Geld wurde aufbewahrt. In Orten, wo keine Kommissionen eintrafen, übernahmen Verwaltungsbeamten diese Aufgabe. Für den Schutz der Immobilien bis zur Rückkehr der Armenier waren sowohl die Kommission als auch die Verwaltung verantwortlich.

Wie aus dem Gesetz vom 27. Mai 1915 sowie aus den Befehlen vom 10. Juni 1915 zu entnehmen ist, umfasste die von Talat Pasa eingeleitete und durch die Zustimmung des Parlaments fortgesetzte Umsiedlung ausschließlich Gebiete, "die die Sicherheit der Fronten direkt bedrohten". Das erste Gebiet machten Erzurum, Van, Bitlis und Umgebung aus, welche den hinteren Teil der kaukasischen und iranischen Front bildeten. Das zweite Gebiet umfasste Mersin, Iskenderun und Umgebung, die den hinteren Teil der Sina Front ausmachten. In beiden Gebieten hatten die Armenier mit den Feinden kollaboriert und ihnen geholfen.

Zudem ist das Gesetz, das "die von militärischen Einheiten gegen Reaktionäre während des Krieges zu fassenden Maßnahmen" vorsieht, ein Gesetz über Vollmachten zum Schutz des Staates und der Gesetze. Die wichtigste Eigenschaft des Gesetzes ist, dass darin "eine ethnische Gruppe weder erwähnt noch angedeutet" worden ist. Im Rahmen des Gesetzes wurden moslemische, griechische und armenischstämmige osmanische Staatsbürger von ihren Lebensorten zu anderen Orten umgesiedelt. Aus diesem Grund beruht die Behauptung, wonach dieses als Umsiedlungsgesetz bekanntes Gesetz nur gegen ein bestimmtes Volk gerichtet sei, entweder auf Fehlinformation oder ist absichtlich auf die Tagesordnung gebracht worden...

QUELLE: Halaçoglu, Prof. Dr. Yusuf, Ermeni Tehcirine Dair Gerçekler (1915), TTK Veröffentlichung, Ankara, 2001.

FUSSNOTE 1) Bayur, gleiches Werk, III/3, S. 40; Gürün, gleiches Werk, 214 2) Takvim-i Vekayi, 18 Recep 1333 / 19. Mai 1331, 7. Jahr, Nr. 2189; Y. H. Bayur, gleiches Werk, III/3, S. 40 3) ATBD, Dezember 1982, Nr. 81, Dokument1832. 4) Yildirim, Dr. Hüsamettin, Ermeni Iddialari ve Gerçekler, Ankara, 2000, S. 21