Ausländische Meinungen über die Umsiedlung

Ungeachtet der Gutachten ausländischer Beobachter in den Umsiedlungsgebieten, wonach die osmanische Regierung trotz des anhaltenden Ersten Weltkrieges an mehreren Fronten die Umsiedlung äußerst sorgfältig und erfolgreich durchgeführt hat, erschienen in der westlichen Presse über die Umsiedlung falsche und parteiische Berichte. Der amerikanische Konsul in Mersin, Edward Natan, stellte in seinem Bericht fest, daß die Überführung ordnungsmäßig anhielt.

Trotz dieses Berichtes übertrug dagegen der amerikanische Botschafter in Istanbul, Morgentau, gegensätzliche Informationen an sein Land, welche von der amerikanischen Presse gegen die Türken eingesetzt wurden. Nach Behauptungen der Zeitungen, bestach Morgentau die osmanische Regierung, schickte manche Armenier gegen Geld in die USA; und rettete englische, russische und französische Staatsbürger in Istanbul. Ein türkischer Staatsbürger in den USA, unterrichtete die osmanische Regierung am 14. September 1915 über all diese falschen Nachrichten und Informationen.

Neben Morgentau  spielten bei der Verbreitung der Behauptung, wonach Armenier massakriert worden seien, auch Lord James Bryce , der die meisten Angaben von Morgentau erhielt, sowie der deutsche protestantische Geistliche Johannes Lepsius  eine wichtige Rolle. Auch Arnold Toynbee , Mitglied von Wellington House, machte aus den Informationen Morgentaus stark Gebrauch. Der Schotte James Bryce, der zwischen 1907 und 1913 als englischer Botschafter in den USA fungierte, verfaßte ein Buch, das mit dem Einfluß der Abteilung für Kriegspropaganda im englischen Außenministerium, für den Einsatz in der anti-türkischen Propaganda von Arnold Toynbee veröffentlicht wurde. 

Die Werke dieser Personen bildeten eine Quelle für später herausgegebene Bücher über den angeblichen Völkermord an Armeniern. Es ist bekannt, daß besonders die Berichte von Morgentau, von seinem armenischstämmigen türkischen Sekretär Agop S. Andonian und seinem ebenfalls armenischstämmigen Rechtsberater und Übersetzer Arshag K. Schmavonian verfaßt worden sind.  Die Verfasser seines Buches waren wieder Arshag K. Schmavonian, der Journalist Burton J. Hendrick und der amerikanische Außenminister Robert Lansing. Der Grund zur Verfassung dieses Buches, das nicht den Berichten Morgentaus entsprach, wird in dem Buch von Heath W. Lowry unter dem Titel "Der Hintergrund der Geschichte von Botschafter Morgentau" offen dargelegt. Demnach hat man mit dem Buch "die amerikanische Bevölkerung von der Notwendigkeit überzeugen wollen, daß der Krieg mit einem Sieg zu Ende ging."

Nach Debatten des englischen Parlaments über die im Rahmen der Berichte von englischen Konsuln im Iran gestellten Behauptungen, wonach 1.000.000 Armenier getötet worden seien, wurde beschlossen, gegen die türkische Regierung zu protestieren. In dem "Blauen Buch", das in England erschien, wurde ferner behauptet, Eindrittel der im Osmanischen Reich lebenden angeblichen 1.800.000 Armenier, seien massakriert worden.

Gegen die böswilligen Bücher, berichteten westlichen Medien, wenn auch in begrenzter Zahl, daß diese Behauptungen absichtlich aufgestellt werden. In einer in Stockholm herausgegebenen Zeitung wurde in einem Artikel unter dem Titel "..." darüber berichtet, wie komisch eigentlich diese Behauptungen sind. Im Artikel wurden ferner die Gründe für die Verbreitung der Behauptungen genannt.

Die osmanische Regierung wies im Schreiben des auswärtigen Staatssekretärs am 4. Januar 1917 die englischen Behauptungen zurück.  Im Schreiben wurde unterstrich, daß die Zahl der armenischen Bevölkerung auf osmanischen Territorien niemals 1 Million erreicht hat. Da diese Zahl mit den Auswanderungen vor dem Krieg weiter gesunken sei, entbehrten die Behauptungen jeder Grundlage. Außerdem wurde an eine Nachricht der Zeitung Times erinnert, worin auch die Deutschen für die Massaker an den Armeniern verantwortlich gemacht worden waren.

QUELLE: Halaçoglu, Prof. Dr. Yusuf, Ermeni Tehcirine Dair Gerçekler (1915), TTK Verlag, Ankara, 2001.

FUSSNOTE 1) siehe. Dokument nr. 664. 2) siehe. Dokument nr. 665. 3) siehe Heath W. Lowry, Hintergrund der Geschichte des Botschafters Morgentau, Istanbul, 1991 4) Great Britain, The Treatment of Armenians in the Ottoman Empire: Documents Presented to Viscount Grey of Fallodon, Secretary of State for Foreign Affairs, London 1916 5) Le rapport Secret du Dr. Johannes Lepsius sur les Massacres d'Armenie, Paris 1918. 6) Armenian Atrocities: Murder of Nation, London 1915 und The Murderous Tyranny of the Turk, London 1917. 7) Justin McCarthy, "Englische Propaganda während des Ersten Weltkrieges und Bericht von Bryce", Osmanli, Yeni Türkiye, Ankara 1999, II, 140 8) siehe Lowry, gleiches Werk, S. 8-17 9) gleiches Werk, S. 6 10) DH. EUM. 2. Sube, Dosya 1, belge 23 (s. Dokument nr 668) 11) DH. EUM. 2. Sube, Dosya1, belge 76 (s. Dokument nr 669) 12) DH. EUM. 2. Sube, Dosya 1, belge 23 (s. Dokument nr 668)